…und sei froh, denn es könnte schlimmer kommen!“ Und ich lächelte und war froh. Und es kam schlimmer!
Dieser Spruch hing einst in einem meiner Büros. Es war die Zeit, in der ich noch nach „Work-Life-Balance“ suchte und oft das nächste Wochenende herbeisehnte. Es war die Zeit, in der ich ein Teil meines Gehaltes als „Schmerzensgeld“ einkalkulierte. Diese Zeit ist vorbei.
Arbeite ich weniger? Nein.
Ist die Arbeit weniger anstrengend? Nein.
Fühle ich mich manchmal überfordert? Ja, klar.
Was also ist anders?
Ich weiß jetzt sehr genau, wofür ich morgens aufstehe: Etwas brennt in mir!
Verändert haben sich meine Begegnungen mit den Menschen. Sowohl in Quantität, als auch in Qualität. Es ist nicht der großartige philosophische Meinungsaustausch, sondern es sind die emotionalen Berührungen, die mich begeistern. Es ist das Lächeln, mit dem sich ein Koch für eine wertschätzende Rückmeldung bedankt. Es sind die leuchtenden Augen, in die ich schaue, wenn mir eine Servicekraft eine Idee präsentiert, die sie bewegt. Es ist das Lachen, das ich aus Richtung Rezeption auffange. Und das laut geschmetterte Lied aus der Küche, dass trotz der geschlossenen Tür den Weg zu meinen Ohren findet.
Natürlich sind es auch die zwei Menschen, die nie gelernt haben, wertschätzend Argumente auszutauschen, um einen guten Kompromiss zu finden. Zwei Menschen, die verbal mit jedem Satz aufrüsten, um sich gegenseitig Unrecht zu beweisen.
Und es sind die Momente des Zweifelns. Wenn ein Gast feststellt, dass ein Zimmer nicht vernünftig gereinigt wurde, das Bier 30 Minuten auf sich warten ließ oder die Krabbensuppe kalt war.
All das berührt, wühlt auf, versöhnt. Es lässt mich lachen, lässt mich denken; es ärgert mich und macht mich stolz. Ich spüre Ehrfurcht vor diesen Menschen, Demut vor meiner Verantwortung, Freude an meinem Handeln. Ich spüre die unglaubliche Energie, die in allem steckt. Und auch die Schwerkraft, die das „System Deichgraf“ von seinem nächsten großen Entwicklungsschritt abhält.
Während ich in die aufmerksamen Gesichter meiner Zuhörer schaue, wird mir klar, dass mein Erleben nicht selbstverständlich ist. Ich spreche vor 40 Unternehmern aus der Region über meinen Lebensweg und rede mich in dieses Gefühl aus Euphorie und Sinnhaftigkeit. Ich sehe Überraschung, glasige Augen, Nachdenklichkeit… Was für ein Glück – dieses Feuer in mir. Hier wird es mir wieder klar, vor den Menschen, die nach „Work-Life-Balance“ suchen.
Vor dem Hotel steht der „Kleine Preuße“; unser Leuchtturm. Immer wenn ich einen Moment der Besinnung brauche, hilft er mir. Da stehe ich dann, als „alter Preuße“ und schaue ihn an, den „kleinen Preußen“ – einen Leuchtturm, der still und unaufdringlich Orientierung gibt und Ruhe spendet. Ein schönes Bild.